Dieser Band bildet den Auftakt zu der neuen Reihe „Geschlossene Häuser“. Die Reihe beschäftigt sich mit allen seit dem Spätmittelalter feststellbaren Formen der Separierung, Verwahrung und Bestrafung von Menschen – in Klöstern und Konventen, Siechenhäusern, Spitälern und Lazaretten, in Türmen, Ratskellern oder „Stockhäusern“, ganz besonders aber in den großen und kleinen Hospitälern, Armen-, Waisen-, Zucht- oder Arbeitshäusern der Frühen Neuzeit und in den sich seit dem 19. Jahrhundert herausbildenden geschlossenen psychiatrischen Anstalten, Sanatorien und Kliniken sowie modernen Strafvollzugsanstalten. In den Fokus genommen werden somit Orte und machtgestützte Institutionen, deren wichtigstes Kennzeichen eine räumliche Separierung von sozialen Gruppen und Individuen vom Rest der Gesellschaft war, die einher ging mit dem bewussten Ziel einer spezifischen Menschenführung und -formung, welche Zwang und Selbstzwang oftmals explizit einschloss.
In der Geschichte realisiert wurde dieses soziale Phänomen in vielfältigen Formen, von denen keine von vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen werden soll. Das Anliegen ist es vielmehr, den vergleichenden Blick auf diese Orte und Institutionen zu schärfen, sowohl in thematischer als auch in chronologischer Hinsicht.
Die Herausgeber der Reihe „Geschlossene Häuser“ vertreten eine Sicht auf das Zusammenleben in institutionellen Ordnungsarrangements, in der nicht der Wille zur Beherrschung der sozialen Welt im Mittelpunkt steht, sondern die sozialen Logiken des Miteinander im Alltag, die durchaus quer zu diesem liegen konnten. Thematisiert werden sollen deshalb nicht nur die oftmals von Gewalt geprägten Aspekte einer direkten Verhaltensbeeinflussung, sondern auch der kreative Umgang mit aufgestellten Regeln, die individuellen und kollektiven Aneignungen und Überschreitungen von Strukturen wie Grenzen und der Widerstand gegen sie. Die Geschichte von Orten und Institutionen der Separierung und Verwahrung, so das Credo dieser Reihe, ist nicht nur eine Geschichte der Strukturen von Macht, Herrschaft und Disziplin, sondern auch und besonders eine Geschichte von konkreten Erfahrungs- und Handlungswelten, in denen sich das interdependente Verflochtensein jener sozialen Akteure spiegelt, die hier gelebt haben.
Orte der Verwahrung sind Räume von gesellschaftlichen Utopien wie auch deren Gegenteil. Im vorliegenden Band werden Zucht-, Arbeitshäuser und Gefängnisse, Hospitäler und Klöster – Institutionen, die scheinbar nur wenig miteinander zu tun haben – unter dem Blickwinkel ihrer Organisationsformen über die Jahrhunderte hinweg vergleichend betrachtet.
Die Ergebnisse einer 2007 in Liechtenstein (Kloster Schaan) abgehaltenen Tagung thematisieren einerseits die Relevanz der Verwahrorte für die Gesellschaft und beleuchten andererseits die Motive der Betreiber dieser als „ganzes Haus“ vorgestellten Einrichtungen näher. Die Arbeit für und in der Gemeinschaft spielte in nahezu allen Verwahrinstitutionen eine wichtige Rolle, einerseits um die Einrichtungen in der Theorie rentabel betreiben zu können, aber auch um die Insassen zu erziehen. Das strenge Zeitregime, die exakten Speisepläne, der Abschluss nach außen und die in allen Einrichtungen relevante Sorge um die „Seele“ bieten sich als Vergleich an, der Grad der Freiwilligkeit beim Eintritt in eine Verwahrinstitution differierte dagegen deutlich.
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Dieser Band bildet den Auftakt zu der neuen Reihe „Geschlossene Häuser“. Die Reihe beschäftigt sich mit allen seit dem Spätmittelalter feststellbaren Formen der Separierung, Verwahrung und
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