Man geht sicher nicht fehl, wenn man konstatiert, dass Börries von Münchhausen (1874-1945) heute weitgehend vergessen ist. Wiewohl in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem als Balladendichter gefeiert und während der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland zum herausgehobenen Autorenkreis mit handfesten politischen Ambitionen zählend, markiert das Jahr 1945 auch in seiner Vita den Schlusspunkt. In der durchaus plausiblen Annahme, der Arm der heranrückenden Roten Armee würde schon bald nach ihm persönlich greifen, was düsterste Zukunftsaussichten verhieß, wählte er im März jenes Jahres auf seinem Sitz Schloss Windischleuba den Freitod.
Wer war Börries von Münchhausen? Henning Gans' luzide Studie zu dessen Leben wählt nicht den Weg, vor allem über eine Werkanalyse und mit allein literaturwissenschaftlicher Elle sein Gewicht als Dichter zu bestimmen, die literarischen Werke dienen eher der Ausmalung des Hintergrundes. Vielmehr stellt er dessen Schaffen in einen lebensweltlichen Kontext und schildert so in biographischer Chronologie individuelle Entwicklung und Werk in Einbettung in die vorgefundenen Umstände der Zeit. Münchhausens Persönlichkeit, seine Mentalität und sein Selbstverständnis flossen gewiss in eine Fülle von literarischen Arbeiten, aber mindestens ebenso in sein praktisches Tun ein. In dieser umfassenden Rekonstruktion werden nicht wenige längst vergessene Personen und Ereignisse wieder ins Gedächtnis gerufen und wird an manchen Skandal, der seinerzeit Furore machte, erinnert. Dabei besticht der Umfang der hier genutzten und bislang unerschlossen gebliebenen Quellen, so dass den zumeist holzschnittgleich gehaltenen Skizzen zum Dichter in Enzyklopädien und Nachschlagewerken mannigfache Facetten hinzugefügt werden.
Der Autor hat sich zudem gründlich mit den zuweilen auch direkt grotesken Nachwirkungen befasst, die sich an die Person, aber auch an dessen Besitz knüpfen und prüft jene Veröffentlichungen und Stimmen, die retrospektiv Börries von Münchhausen gelten. Ein nicht zuletzt hier auch überaus streitbarer Band wartet auf seine Leser.
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Man geht sicher nicht fehl, wenn man konstatiert, dass Börries von Münchhausen (1874-1945) heute weitgehend vergessen ist. Wiewohl in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem als
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