Die 1914 gegründete ethnologische Einrichtung der Universität Leipzig (Seminar und Forschungsinstitut) war die erste im deutschsprachigen Raum und diente als Vorbild für spätere Gründungen im Zuge des in der Zwischenkriegszeit erst allmählich beginnenden Ausbau des Faches. Viele frühe Ethnologen erhielten ihre Ausbildung in Leipzig, und das hiesige Forschungsinstitut ermöglichte bis in die 1930er Jahre hinein wissenschaftliche Expeditionen vor allem in Afrika.
Die Leipziger Ethnologie bildete in den 100 Jahren ihres Wirkens dennoch kein einheitliches Gefüge. Zu unterschiedlich waren die phasenweisen engen Verbindungen zu Nachbarwissenschaften: Geographie, Psychologie, Religionswissenschaft, Humanbiologie, Rechtswissenschaft, Agrarökonomie, Orientalistik, Linguistik und diverse Sozialwissenschaften. Außerdem lenkten die zeitgeschichtlichen Vorgaben und Ideologien die Fragestellungen der Leipziger Ethnologen in kontroverse Richtungen: Kolonialismus (einschließlich Kolonialrevisionismus), Nationalsozialismus und Kommunismus beeinflussten lange den Sinn für kulturelle Differenzen, dessen Ausbildung nach heutigem Verständnis die Hauptaufgabe der Ethnologie ist.
Der Band lässt dreizehn Autoren mit Originalbeiträgen zu Wort kommen, die mit dem Leipziger Institut in leitender Position verbunden waren oder auf andere Weise zu seiner Profilierung beitrugen. Sie werden über Kurzbiographien eingeleitet und in einem Vorwort wie Nachwort in den geistesgeschichtlichen und universitätshistorischen Kontext gestellt. Die Anthologie ist damit zu einem Lesebuch geworden, in dem wichtige Strömungen in der Geschichte der deutschsprachigen Ethnologie oder Völkerkunde zusammenkommen.
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