Die systematische Entrechtung, Vertreibung und schließlich Ermordung der Juden im nationalsozialistischen Deutschland gehört gerade wegen der Monstrosität des Verbrechens zu den inzwischen in einer kaum noch überschaubaren Fülle von Literatur dokumentierten geschichtlichen Ereignissen – und doch wird sich in der Betrachtung seiner vielen Aspekte immer wieder der Eindruck eines im Kern unfassbaren Geschehens einstellen.
Auch die hier vorgelegte Studie von Michael Raute, die sich dem Schicksal deutsch-jüdischer Chirurgen nach 1933 widmet, löst Beklemmung aus. Indem ganz individuelle Biographien nachgezeichnet werden, die nicht zuletzt auch Auskunft über jene Illusionen geben, die manche Betroffene sehr lange hegten, gewinnt das Entsetzen eine fassbare Dimension: Das Schicksal dieser Verfolgten, Geächteten und häufig schließlich Getöteten berührt vor dem Hintergrund ihres beruflichen Ethos, den Kranken und Bedürftigen zur Seite zu stehen, besonders. Diesen deutsch-jüdischen Medizinern widerfuhren zahlreiche entwürdigende Demütigungen auf dem Weg in den Ausschluss aus der Gesellschaft. Die Details wird man nur mit viel innerer Bewegung zur Kenntnis nehmen.
Gleichzeitig bedeutete das Geschehen – auch dieser Aspekt sollte nicht vergessen werden – einen unschätzbarer Verlust an ärztlicher Kunst. Auf das Wissen und Können jener Mediziner zu verzichten, war bereits der Beginn des Verbrechens, dessen vielfältige Nachwirkungen im Gesundheitswesen vermutlich bis in unsere Gegenwart nicht restlos überwunden sind. Nicht zuletzt deshalb ist der Band eine unerlässliche Lektüre, ein Baustein zur Erinnerung und die Aufforderung, niemals zu vergessen.
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